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03.12.06 Erlassenes Entgelt oder die Verschiebung von Zahlungspflichten der ECE (Teil 26)
Geschrieben von: Karl Fr. Eckhardt   

Beim letzten Beitrag ging es um die vergleichsweise sehr niedrigen Entnahmegebürhren fürr Grundwasser bei der "Wasserhaltung" von Baugruben, die ein Investor dem Land Niedersachsen schuldet. Hier geht es nun um vergleichsweise sehr viel höhere Abgaben, wie sie ein Investor fürr die Nutzung kommunaler Entwässerungsanlagen der Kommune schuldig ist. Festgelegt werden solche Abgaben in der Regel in der städtischen Abwassersatzung.

Als Erwiderung auf eine Dienstaufsichtsbeschwerde, welche die Bürrgerin aufgrund einer im ersten Anlauf sehr mangelhaften ausgefallenen Antwort von Stadtbaurat Zwafelink in Sachen Grundwasserabsenkung im ehemaligen Schlosspark in die Wege leitete, meinte der 1. Stadtrat Lehmann in einem zweiten Anlauf unter anderem, dass es sich "bei der Festlegung der Höhe des privatwirtschaftlichen Entgeltes", dass der Bauherr zu leisten habe, "nicht um eine Angelegenheit des Rates der Stadt, sondern um ein Geschäft der laufenden Verwaltung" handele.

Geschäfte der laufenden Verwaltung würrden aber in den Zuständigkeitsbereich des Oberbürrgermeisters fallen. "In die Rechte des Rates wurde daher nicht eingegriffen." - meint Lehmann.

Das ist wohl eher falsch, denn die niedersächsische Gemeindeordnung macht diesbezürglich keinen Unterschied zwischen öffentlich-rechtlichen Gebürhren und privatrechtlichen Entgelten. So fällt gemäß § 40, Abs. 1, 7 NGO in den Zuständigkeitsbereich des Rates: "die Festsetzung öffentlicher Abgaben (Gebürhren, Beiträge, Steuern) und allgemeiner privatrechtlicher Entgelte." Aber selbst im eigenen Kommentar zu den Zuständigkeiten des Rates (in: Thieme, 1997) sind Dr. Gert Hoffmann die speziellen, konkreten Zuständigkeiten dieses ihm ürbergeordneten Organs  keiner besonderen Erläuterung wert - kein Wunder dass er sie nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis geflissentlich ürbersieht und fürr seinen Zuständigkeitsbereich vereinnahmt wissen möchte.

Zwar ist es selbstverständlich, dass der Rat nicht ürber jeden konkreten Einzelfall entscheidet, weder ürber den einzelnen Gebürhrenfall noch ürber den Einzelfall einer Entgeltzahlung; und fürr Entgelte gilt sicher auch, was Wefelmeier (Kommentar Kommunalverfassungsrecht) ürber Beiträge sagt: "Geschäfte der laufenden Verwaltung sind nach der Rechtssprechung z. B. die Erhebung von Beiträgen"  - aber das eben nur, soweit es um konkrete Gebürhrenerhebungen , soweit es um einen Einzelfall geht. Das ist in der Tat regelmäßig ein Geschäft der laufenden Verwaltung und fällt somit in den Zuständigkeitsbereich des Oberbürrgermeisters.

Der Rat ist aber zuständig fürr die Festlegung der jeweiligen Bemessungsgrundlage, im Rahmen dessen die konkrete einzelne Bemessung zu erfolgen hat. So beschreibt Blum (Kommentar Kommunalverfassungsrecht) unterscheidend den Zuständigkeitsbereich des Rates als die "abstrakt-generellen Anordnungen,
- das eine Abgabe an die Gemeinde zu entrichten (oder nicht zu entrichten) ist und
- in welcher Höhe oder nach welchem Schlürssel sie zu entrichten ist."

Der Rat wäre also zuständig fürr den abstrakt-generellen Schlürssel, nach dem die Verwaltung das privatrechtliche Entgelt zu bemessen hat. Neben Niederschlagswasser und Schmutzwasser ist auch Grundwasser explizit als Gegenstand der Stadtentwässerung in die städtische Abgabensatzung von Braunschweig aufgefürhrt, auch wenn der Rat keinen Bemessungsschlürssel fürr die Höhe der Abgabe festgelegt hat, wie es eigentlich hätte sein sollen und sein können.

Das ist hier aber auch nur sekundär von Belang. Viel wichtiger ist die Erfürllung der Anforderung, dass auch die Bemessung privatrechtlicher Entgelte streng nach den Maßgaben und Grundsätzen der kommunalen Abgabengesetze zu erfolgen hat.

So hält Rosenzweig (Kommentar zum NKAG) fürr die Bemessung eines privatrechtlichen Entgeltes nachdrürcklich fest, dass "der Verwaltung bei der Erfürllung öffentlicher Aufgaben nur die privatrechtlichen Rechtsformen, nicht aber die Freiheiten und Möglichkeiten der Privatautonomie" zustehen. "Sie ist also an die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der Kostendeckung, der Gleichbehandlung und der Äquivalenz gebunden." so Rosenzweig weiter.

Die Entwässerung des Schlossparkgrundstürcks fürr die ECE-Baumaßnahme habe der Stadtentwässerung kaum merkliche Zusatzkosten bereitet, argumentierte Stadtbaurat Zwafelink in einem dritten Anlauf auf eine Anfrage der Grürnen Ratsfraktion. Deswegen sei es im Sinne des Kostendeckungsprinzips auch rechtens, wenn man der ECE auch kaum Kosten dafürr in Rechnung stellte. Aber wie Rosenzweig im Kommentar klarstellt, ist eine solche Berechnung der einzelnen Zahlungspflicht nach dem Kostendeckungsprinzip rechtswidrig, fürr den Einzellfall ist das Deckungsprinzip keine Berechnungsgrundlage. "Das Kostendeckungsprinzip ist bezogen auf das gesamte Gebürhrenaufkommen und nicht auf das individuelle Verhältnis von Leistung zur Gebürhr des einzelnen Gebürhrenschuldners." - so Rosenzweig.

Fürr den Einzelfall gilt anderes, wie Lichtenfeld ausfürhrt (in Driehaus, Kommunalabgabenrecht):
"Aus § 5 ... folgt, dass die Gebürhr grundsätzlich leistungsbezogen sein muss, d.h. sie muss nicht nach dem Maß der durch die Benutzung des einzelnen Gebürhrenschuldners verursachten Kosten bemessen werden, denn dies würrde eine praktikable Gebürhrenbemessung unmöglich machen ..." und weiter: "Da das NKAG eine prinzipiell leistungsproportionale Gebürhrenbemessung vorschreibt, kommt eine Bemessung, die sich ausschließlich oder in erster Linie an den im Einzelfall verursachten Kosten orientiert, nicht in Betracht."

Gleiches muss entsprechend auch fürr privatrechtliche Entgelte gelten. Weiter Lichtenfeld: "Der Gleichheitssatz, der im Verhältnis der Gebürhrenschuldner untereinander gewahrt sein muss, verlangt, dass bei etwa gleicher Inanspruchnahme etwa gleichhohe Gebürhren und bei unterschiedlicher Inanspruchnahme diesen Unterschieden in etwa angemessene Gebürhren zu erheben sind."

Wie Stadtbaurat Zwafelink weiter sagte, betrage bei mengenmäßiger Erfassung und Bemessung, die nach Niedersächsischem Wassergesetz fürr den Fall "Schloss-Arkaden" zwingend vorgeschrieben wäre, 0.91 € pro Kubikmeter.

Halten wir uns mangels der zwingend vorgeschriebenen Messresultate an die Prognosen des GEOlogik Gutachtens an, dann hätten wir mit einem Aufkommen fürr die Zeit, in der die Baugrube nicht komplett abgedichtet war, sondern nur durch "teildurchlässige Basisabdichtung" gesichert war,  mit Größenordnungen zwischen 200 und 400 Litern pro Sekunde an nachdrängendem Grundwasser zu rechnen, welches abzupumpen wäre.

Entsprechend berechneten wir 518.400 bis 1.0336.800 Kubikmeter fürr einen 30-tägigen Monat. Wir erinnern noch einmal: die Probleme waren größer als erwartet und ürber Monate gelang es nicht, die Baugrube abzudichten. Entsprechend der Prognose von GEOlogik wären zwischen 471.744,- und 943.488,- € pro Monat an Entwässerungsgeld angefallen, aber es wurde ürberhaupt nicht gemessen: ECE zahlte lediglich eine Pauschale von 22.000,- € und das ist weniger, als bei einer angemessenen Entgelterhebung vorraussichtlich fürr einen einzigen Tag angefallen wäre. (Bei ürberschlägig zwischen 17.280 und 34.560 qm pro Tag fielen zwischen 15.724,80 und 31.449,60 € an, was gemittelt 23.587,20 € ergäbe)

Das das Summen sind, die nicht ausser Verhältnismäßigkeit liegen und anderen, weniger begürnstigten Investoren als der ECE durchaus abverlangt werden, zeigt ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Lürneburg. Die Gerichte sahen es in dem Fall als rechtmäßig und auch nicht unverhältnismäßig an, wenn ein Investor fürr die Grundwasserentnahme und Einleitung in eine kommunale Entwässerungsanlage eine Summe von mehr als 100.000,- € im Rahmen einer Baumaßnahme bezahlen musste.

Dabei ging es im entschiedenen Fall um eine Baugrube fürr ein Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage in einer westlich gelegenen Nachbarstadt von Braunschweig. (Urteil des OVG Lürneburg)

Im Fall der Schloss-Arkaden Braunschweig geht es um eine Baumaßnahme fürr 150 Einzelhandelsgeschäfte, 1200 Parkplätze, Bibliotheken, Restaurants, ... !!!