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30.07.06 Geniale Erschließungen oder die Verschiebung von Zahlungspflichten (Teil 15)
Geschrieben von: Karl Fr. Eckhardt   
Die ürberbauung des ehemaligen Schlossparks mit einem Einkaufszentrum, den so genannten Schloss-Arkaden, wurde mit einer vereinfachten und beschleunigten Bauplanung durchgesetzt, ürber einen "Vorhaben- und Erschließungsplan".

Baurecht

Das Baugesetzbuch schreibt Bedingungen fürr solche vereinfachten Planungen vor, darunter mit § 12, Abs. 1, Satz 1 die folgende: "Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger .... sich .... zur Tragung der Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss .... verpflichtet.

Im Kommentar von Battis, Krautzberger und Löhr wird diese Verpflichtung des Vorhabenträgers zur ürbernahme der Erschließungskosten wie folgt ausgefürhrt:
"Nach Abs. 1. S. 1 verpflichtet sich der Vorhabenträger zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten. Der Vorhabenträger hat die Kosten in der Regel ganz zu tragen. Auch eine teilweise Kostentragung kommt in Betracht, z. B. wenn die Gemeinde mit der Erschließung zugleich weitere Baugebiete (außerhalb des Gebiets nach dem Vertrag) anschließen möchte und insoweit ihr eigenes Interesse ürberwiegt."

Verbindlich festgelegt werden Kosten, die der Vorhabenträger zu tragen hat, jeweils im Durchfürhrungsvertrag. Battis u. a.: "Die Kostenürbernahme hat vor allem Bedeutung fürr die Erschließung. .... Die Rechtsposition des Vorhabenträgers im Verhältnis zur Gemeinde ergibt sich insbesondere aus dem Durchfürhrungsvertrag nach Abs. 1, S. 1."

Durchfürhrungsvertrag

Im Durchfürhrungsvertrag fürr den Bebauungsplan "Einkaufszentrum Schlosspark" wird mit § 10 "Herstellung, Art und Umfang der Erschließungsanlagen" festgelegt.

Ziffer 1 bestimmt, dass die Stadt die Erschließungsarbeiten im öffentlichen Bereich ürbernehmen wird, Ziffer 7, dass die ECE dies mit einem Pauschalbetrag bezahlt: "Zur Abgeltung der von der Stadt gemäß Ziffer 4 durchzufürhrenden Maßnahmen verpflichtet sich der Vorhabenträger, an die Stadt einen Pauschalbetrag in Höhe von € 11.450.000,00 (in Worten: EURO elf Millionen vierhundertfürnfigtausend) zu zahlen."

Ziffer 2 beschreibt allgemein, was vertragsgemäß zu den Erschließungsmaßnahmen gehört: "Die Erschließung nach diesem Vertrag umfasst die Änderung und den Umbau öffentlicher Erschließungsanlagen einschließlich Begrürnung nach Maßgabe der folgenden Absätze innerhalb des Geltungsbereichs A des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes einschließlich deren Anpassung an außerhalb des Vertragsgebietes vorhandene Erschließungsanlagen." Ziffer 4 fürhrt dann konkrete Einzelmaßnahmen auf:
"- Verlegung des Wendenmürhlengrabens, - Herstellung der Plätze im Umfeld der Schloss-Arkaden (Verkehrsflächen mit besonderer Zweckbestimmung gemäß B-Plan), - Umgestaltung "Bohlweg/Ritterbrunnen", - Umgestaltung "Georg-Eckert-Straße", - Umgestaltung der Straße "Am Theater", - Umgestaltung "Am Schlossgarten", - Anpassung des Parkleitsystems und der Verkehrstechnik und Anbindung an das Verkehrsleitsystem," und - in diesem Zusammenhang besonders wichtig - als letzte gehört zu den konkret angefürhrten Erschließungsmaßnahmen, die vom Vorhabenträger zu tragen sind:
"- sämtliche  fürr vorgenannte Leistungen erforderlichen Leitungsumverlegungen der Entwässerungsleitungen auf öffentlichem Grund."

Wir halten fest: Damit der Rat dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan zustimmen kann, verpflichtet sich der Vorhabenträger, die ECE Tochter Panta, die Erschließungskosten zu tragen. Dies muss in einem Durchfürhrungsvertrag festgelegt sein. Im Durchfürhrungsvertrag, der dem Rat zur Zustimmung vorgelegt wurde, sind die einzelnen Erschießungsmaßnahmen aufgefürhrt und dem Vorhabenträger pauschal mit 11,45 Mio. € in Rechnung gestellt. Der Vorhabenträger zahlt also gemäß Vertrag und im Einklang mit § 10 des Baugesetzes 11,45 Mio. € dafürr, dass ihm als Gegenleistung von der Stadt "die komplette Umgestaltung der öffentlichen Flächen gemäß Ziffer 4" besorgt wird.

Grundstürckskaufvertrag

Im Kaufvertrag fürr das Schlossparkgrundstürck, auf dem Baurecht geschaffen wurde fürr immerhin 150 Einzelhandelsgeschäfte auf ürber 30.000 qm Verkaufsfläche, zahlreiche Gaststätten und sonstige Dienstleistungsbetriebe auf ürber 3.500 qm, 1200 Parkplätze, Bibliotheken, im Kaufvertrag fürr dies Grundstürck heißt es § 3 lapidar:
"Ein Kaufpreis wird vom Käufer im auf die von ihm im Zusammenhang mit der Realisierung seines Vorhabens auf dem Kaufgrundstürck zu erbringenden Leistungen, insbesondere die in § 11 aufgefürhrten Leistungen, nicht geschuldet."
Und der angefürhrte § 11 des Kaufvertrages hält dann in Ziffer 1 fest: "Es besteht Einvernehmen zwischen den Vertragsparteien, dass zur Realisierung des Bauvorhabens des Käufers auf dem Kaufgrundstürck umfangreiche Baumaßnahmen erforderlich sind. Hierbei handelt es sich insbesondere um die Umgestaltung von öffentlichen Verkehrsflächen und Plätzen einschließlich von Leitungsverlegungen, ...."

Somit werden die 11,45 Millionen Euro doppelt verrechnet:

- Wie vom Gesetzgeber gefordert, werden damit die umfangreichen Erschließungsmaßnahmen fürr den Komplex abgegolten, welche die Stadt fürr den Vorhabenträger ausfürhrt.

- Fürr die selben 11,45 Millionen Euro bekommt der Vorhabenträger (anteilmäßig) eine zweite Leistung der Stadt: das Schlossparkgrundstürck.

Noch eine besondere Pikanterie: Als dem Rat der Durchfürhrungsvertrag am 5. Juli 2004 zur Abstimmung vorgelegt wurde, konnte der Rat dem Vorhaben nur zustimmen, weil der Vorhabenträger sich auch verpflichtet hatte, die im  Vertrag festgelegten Erschließungskosten zu tragen. Nicht vorgelegt wurde dem Rat der Grundstürckskaufvertrag, mit dem fürr dasselbe Geld dem Vorhabenträger schon das Grundstürck ürbertragen war.

Forderungskaufvertrag mit Einredeverzicht

Dieses Jahr würrden 12 Millionen Euro in die Anlagen der Stadtentwässerung investiert, schrieb die Braunschweiger Zeitung am 1. Juli 2006, und der Geschäftsfürhrer der Stadtentwässerung verwies darin auf eine besondere Maßnahme: "Wir erneuern zur Zeit mit Hochdruck das Kanalnetz rund um das Schloss."

Auf eine Anfrage der Fraktion Bürndnis 90/Grürne vom 5. Juli, mit welchen Mitteln denn diese Investionen finanziert würrden, antwortete der Oberbürrgermeister: "Die Stadtentwässerung Braunschweig GmbH (SEBS) wird die Investitionsmaßnahmen durch eine Kreditaufnahme finanzieren und dazu einen Forderungskaufvertrag mit Einredeverzicht (Forfaitierung) abschließen."

Zusammengefasst:

- Mit einem Durchfürhrungsvertrag verpflichtet sich die Vorhabenträgerin fürr das Einkaufszentrum Schlosspark in Braunschweig, die ECE Tochter Panta, nach gesetzlicher Vorschrift die Erschließungskosten zu tragen, eine Voraussetzung dafürr, dass der Rat dem Vorhaben- und Erschließungsplan zustimmen konnte. Zu den Erschließungsmaßnahmen gehören: "Sämtliche fürr die vorgenannten Leistungen erforderlichen Leitungsumverlegungen der Entwässerungsleitungen auf öffentlichem Grund."

- Mit einem Kaufvertrag, der dem Rat von der Verwaltung nicht vorgelegt wurde, hatte die ECE Panta aber fürr dasselbe Geld schon eine andere wesentliche Gegenleistung von der Stadt erhalten: das Schlossparkgrundstürck.

- Am Ende das: Nun wird die Erneuerung der Entwässerungsanlagen, des Kanalnetzes "rund um das Schloss", in Form einer Kreditaufnahme auch noch der Stadt Braunschweig und ihren Bürrgern als Schuldenlast aufgebürrdet - eine versteckte Schuldenaufnahme, die im ordentlichen Haushalt nicht aufscheint.