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10.12.06 "Dürmmer als die Polizei erlaubt" oder die Metamorphose von Eigentum zu Schulden (Teil
Geschrieben von: Karl Fr. Eckhardt   

"Spätere Generationen werden sich an den Kopf fassen, wenn wir das Schloss nicht von innen vernürnftig machen." - meinte CDU-Fraktionschef Wolfgang Sehrt - und warb so dafürr, weiteres Geld in die vom ECE anzumietenden Räume zu investieren. Es geht vorerst einmal um weitere 1,2 Millionen Euro, die jetzt zusätzlich ausgegeben werden sollen. Die „Vernunft“ des Geschäftes, welches Oberbürrgermeister Dr. Gert Hoffmann der Stadt Braunschweig mit dem Einzug städtischer Einrichtungen in die Schloss-Arkaden bescheert hat, sei hier noch einmal im Zusammenhang dargestellt.
Im Vorfeld der Entscheidung wurde ein Kostenvergleich zwischen verschiedenen Varianten angestellt, um dem Rat eine Entscheidungsgrundlage zu bieten.

Vergleichen wir zwei Varianten, die Variante,
- mit der die bestehenden städtischen Einrichtungen renoviert und aufgebessert worden wären
- mit der Variante, die gewählt wurde: die Anmietung von Räumen im Einkaufszentrum Schloss-Arkaden.

Wundern Sie sich bitte nicht ürber die schlechte Lesbarkeit der Zahlen - denn es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein seltsamer Zufall. Aber es fällt doch auf, dass immer dann, wenn Dr. Gert Hoffmann eine Entscheidung verfolgt, die sich nach Maßgabe der „Vernunft“ kaum rechtfertigen lässt, er gern ürberhaupt nicht darürber informiert oder die Papiere sind kaum lesbar, so als wolle das verschämte Papier am liebsten gar nicht gelesen werden. So jedenfalls, wie unten, sehen die Zahlen gern aus, die Dr. Hoffmann dem Rat vorlegt - wenn sie denn wichtig genug sind und man ahnt: der Mann strebt wohl doch noch nach Höherem und versucht sich auf diese Weise als Sparkassendirektor zu qualifizieren. Fürr den Aufsichtsrat heißt es dann wie jetzt fürr den Rat: Augen zu und durch!


Soweit ich die Zahlen "rekonstruieren" konnte, kämen bei der ersten Variante, einer Aufbesserung und Renovierung des Bestandes, jährliche Kosten auf die Stadt zu, von:
674.621 € (wobei dem in der Vergleichsrechnung ein Zinssatz von je 5% zu Grunde gelegt ist). Im Preis inklusive wäre:
- Eine Grundsanierung der öffentlichen Bürcherei, dabei eine "Trockenlegung" und eine behindertengerechte Einrichtung.
- In die Stadtbibliothek würrde auch noch ein behindertengerechter Fahrstuhl eingebaut sowie auch Klimaanlagen. Ansonsten wurde diese Bibliothek erst vor wenigen Jahren umgebaut und renoviert.
- Das Stadtarchiv würrde klimatisiert, eine Kürhlzelle würrde eingebaut und es würrde auch mit spezieller Sicherheitstechnik versehen.
- Geld fürr die Anmietung zusätzlicher Flächen und neuer Regale fürr eine Erweiterung des Bestandes wäre auch dabei.
- Dazugerechnet würrde dann fürr die Renovierungsvariante noch ein Neubau von 12 Klassenräumen ürber einer Sporthalle fürr die Gaußschule, wenn ich das so richtig entziffern kann, weil die Schule sich fürr den Fall des Verbleibens nicht mehr ins anderenfalls frei werdende Stadtarchiv ausbreiten könnte. Voraussichtlich nach 20 bis 25 Jahren mürssten weitere ca. 832 qm Flächen angemietet werden, wofürr jährliche Kosten von 54.971,- € anfallen würrden - wenn ich das richtig lese. Rechnen wir das einmal hoch, dann kommen wir auf  20.650.912,50 € fürr die nächsten dreißig Jahre sowie auf 412.282,50 € fürr (gemittelte) siebeneinhalb Jahre Zumietung, also insgesamt 24.286.630,- €.

Dabei war der größte Posten der Bau von 12 zusätzlichen Klassenräumen fürr sage und schreibe 4.000.000,- €, die mit jährlich 301.000,- Euro zu Buche schlagen würrden, und ohne diese Klassenräume wären nur 374.620,- € jährlich, fürr 30 Jahre 14.256.630,- €  zu bezahlen.

Angesichts dieses ürppigen Preises fragt man sich schon, ob ein einziger Klassenraum mit 333.333,- € so teuer sein muss wie ein Einfamilienhaus. Aber belassen wir es einfach dabei und kommen zu den Kosten der zweiten Variante, zum Umzug in die "Schloss-Arkaden". In qualitativ so hochwertiger Ausfürhrung wie das so genannte "Schloss" bekam der Rat auch die Rechnung dafürr präsentiert:


 

Fürr die Anmietung muss die Stadt erst einmal jährliche Mietzahlungen von 1.089.051,- Euro leisten - das wären dann auf dreißig Jahre hochgerechnet schon einmal 32.671.530,- €. Statt 24 also grob 32 Millionen.

Zusätzliche Kosten warten fürr Einrichtungen wie innere Fahrstürhle, spezielle Be- und Entlürftung, usw., die die Stadt dem Bauherrn mit zusätzlichen 2.758.480,00 € vergürtet (dieser Kostenposten wurden inzwischen auch schon ürberschritten), dazu kommen weitere Aufwendungen fürr das Mobiliar, Regalsysteme, Ausrürstung mit Kommunikationssystemen, Umzugskosten, und dann muss natürrlich - in Gegenrechnung - auch noch der Preis mit einberechnet werden, den es kostet, dass Stadtarchiv zu 12 Klassenräumen der Gaußschule umzuarbeiten - was mit fast zu vernachlässigende 21.000,- € jährlich zu Buche schlägt. Insgesamt kommen wir aber auf 1.544.761,- € jährlich, was dann auf 30 Jahre hochgerechnet fürr die Anmietungsvariante grob 46 Millionen (46.342.830,- €) kosten wird, statt der grob 24 Millionen, die anfallen würrden,  wäre der ECE-Konzern von Alexander Otto nicht wertabschöpfend zwischengeschaltet. Dabei bleibt es aber nicht. Denn extra angemietet und mit Personal beschickt werden mürssen die - wie York Stuhlemmer ausfürhrte - atmosphärisch feudalen, schlossartig nachempfundenen Räume von Schlossmuseum und Trauzimmer. Fürr Miete und Personal werden da weitere 133.356,- € jährlich veranschlagt (was mir in dem Fall eher wenig vorkommt, aber die Stadt will ja mit dieser Sache hauptsächlich natürrlich auch noch sparen - dazu später). Damit kämen weitere ca. 4 Millionen Euro (4.000.680,-) dazu  und insgesamt wären wir dann bei 50.342.510,- €.

Wir sind hier aber durchaus nicht am Ende, denn - wir ahnen es schon - Dr. Gert Hoffmann wäre nicht Dr. Gert Hoffmann, wenn er das Ganze nicht als eine spezielle Hoffmannsche Sparleistung "verkaufen" könnte, denn:
- Hoffmann plant, mit Hilfe der Anmietung städtisches Personal/Arbeitsplätze in Braunschweig abzubauen und er will die zusätzlichen Kosten einmal mehr decken, indem er
- öffentliches Eigentum verkauft.

Durch den Erlös aus dem Verkauf der Bibliotheken und des Kulturzentrums Brürcke könnte die jährliche Belastung um 197.500,- € gesenkt werden und durch Einsparung von Personal noch einmal um jährlich 250.966,- €; letzteres ist also der größte Einsparposten. Zu vernachlässigen sind da fast die jährlichen 13.000,- € fürr zusätzlich eingesparte Mieträume, womit sich dann die Einsparungen auf insgesamt jährliche 461.466,- € erhöhen und fürr die Vergleichsrechnung blieben als jährliche Kosten durch die Anmietung noch 1.083.295,- €.

Wenn also die Kosten fürr die Anmietung im ECE unter anderem dadurch gedeckt werden, das (so viel wie frei wird) städtisches Eigentum verkauft und (so viel, wie sich freisetzen lässt) städtisches Personal entlassen wird - immerhin zahlen diese Leute in der Regel auch in Braunschweig Steuern, kaufen dort ein, zahlen dort Miete, wenn also diese durch die Anmietung ermöglichten Einsparungen getätigt wären, dann lastet Dr. Gert Hoffmann der Stadt durch die Anmietung allein fürr die nächsten 30 Jahre trotzdem mehr als 8 Millionen Euro Schulden auf.

Dabei lassen wir einmal außer Acht, dass es neben den auf 333 T.-Euro pro Raum teuro gerechneten Klassenräumen sicher noch weitere Schmankerl zu entdecken gibt. Doch ein Beispiel: bei einem Verbleib in den alten Räumen der Stadtbibliothek war fürr die am Ende sehr viel billigere Variante auch der Bau von Klimaanlagen schon eingerechnet. Die neuen Bibliotheksräume liegen als lange, schmale Schläuche hinter der Sürdfassade, und die Schlossfassade weist dort vergleichsweise sehr große Fenster auf. Zwangsläufig wird sich die Bibliothek im Sommer ordentlich aufheizen und graues Pflaster, grauer Asphalt vor den Fenstern sorgen dafürr, dass auch die unmittelbare Umgebung noch weiter aufgeheizt wird, denn der Schlosspark, der dort fürr Temparaturausgleich sorgte (laut Gutachten von bis zu 6° Celsius) ist nachhaltig vernichtet. Bei einer Fürhrung durch das neue "Schloss", die ich mitmachte, war ich dann - obwohl mit hochgeschraubten Erwartung vorsichtig - doch verblürfft, als allgemein belehrt wurde, dass eine Klimatisierung der Bibliotheksräume im bisherigen Preis noch nicht inbegriffen sei ....

Kommen wir auf den Anfang und Wolfgang Sehrts Aussage zurürck: "Spätere Generationen werden sich an den Kopf fassen, wenn wir das Schloss nicht von innen vernürnftig machen." .... In dreißig Jahren, in einer Generationenspanne, findet sich die spätere Generation mit mindestens acht Millionen Euro zusätzlich belastet, die - in die Anmietung gesteckt - weder zum Schuldenabbau noch zum Vermögensaufbau verwendet werden können.

Doch das ist nicht einmal das Schlimmste an der Sache: Die spätere Generation wird quasi erpressbar gemacht, denn der zukürnftige Vermieter wird doch genau ausrechnen können, wieviel allein ein Umzug die Stadt dann kosten wird - er kann quasi jeden Preis fordern, und es ist eine Eigenart des Marktes, das die Preise auch genommen werden, die genommen werden können. Und jetzt sollen auch noch zusätzliche Millionen der Stadt fürr postmodernen Schnickschnack - Verzeihung - verballert werden, die das alles fürr die zukürnftige Generation nur noch teurer machen könnte!

Das ist, Herr Fraktionsvorsitzender Wolfgang Sehrt: dürmmer als die Polizei erlaubt, denn je mehr der "Schuppen" (Robert Venturi, der Vater der architektonischen Postmoderne) da historisch-karnevalistisch dekoriert wird (Venturi weiland zu den Plänen der Schloss-Arkaden: "It's a good joke!"), desto teurer wird es fürr zukürnftige Generationen, den "Schuppen" anzumieten, der ihnen nicht gehört. Im Falle der Billig-Variante des Verbleibs in den alten, städtischen Gebäuden wäre die Stadt aber noch im Besitz der Gebäude und Grundstürcke fürr öffentliche und Stadtbibliothek sowie der wunderschönen "Brürcke" - doch das ist nun wohl Schnee von gestern.

Stiftungen mürssen sich sicherlich mit ihren Aufsichtsratsvorsitzenden gut stellen, selbst fürr den Fall, dass es sich dabei um ausgewiesene Dummköpfe handeln sollte - dafürr muss man einfach Verständnis haben.

Doch auch öffentlich-rechtliche Stiftungen bewirtschaften öffentliche Gelder, und es tut schon weh, wenn Gelder, die eigentlich Kultur und Bildung fördern sollten, jetzt fürr postmodernen Schnickschnack ausgegeben werden und den Wohlstand von Großinvestoren mehren, die eigentlich der Förderung durch öffentlich-rechtliche milde Gaben nicht bedürrfen. Es sei da an die "Neue Landschaftsordnung" des Herzogtums Braunschweig vom 12. Oktober 1832 erinnert, quasi die Grürndungsurkunde des Vereinigten Kloster- und Studienfonds:
 
§ 219. Der Klosterfonds soll mit dem, von der vormaligen Universität Helmstedt herrürhrenden, Studienfonds vereinigt und, Behuf Vereinfachung der Administration und thunlicher Kostenersparung, bei der herzoglichen Kammer zugleich mit dem Kammergute verwaltet, auch zu den Verwaltungskosten ein angemessener Beitrag geleistet werden.
§ 220. ürber die Verwaltung der vereinigten Kloster- und Studienfonds soll ein besonderer Etat, in der bei dem Kammergute angeordneten Form, aufgestellt, und eine abgesonderte Kassen- und Rechnungsfürhrung angeordnet werden.
§ 221. Der Reinertrag dieses vereinigten Fonds soll, dessen Bestimmung gemäß, fürr Kirchen, Bildungsanstalten und wohlthätige Zwecke verwendet werden. Das Geschäft der Verwendung wird dem Finanzcollegio ürbertragen werden, welches dabei nach Maaßgabe der aufgestellten Etats und der Vorschriften des Staatsministeriums zu verfahren, und ürber die sämmtlichen, in die Hauptfinanzkasse fließenden, ürberschürsse aus der Administration besondere Rechnung zu fürhren hat.
§ 222. Die aus dem Kloster- und Studienfonds fürr das Museum zu Braunschweig und die Bibliothek zu Wolfenbürttel bisher gezahlten Ausgaben sollen ferner aus diesem Fonds gezahlt werden, wogegen diese Sammlungen, welche unveräußerlich sind, der Beförderung der Wissenschaft und Kunst gewidmet bleiben.


Aber das Thema "Stiftungen", mit dem wir uns hier schon einmal beschäftigt hatten, ist ein eigenes und muss späterer Erörterung vorbehalten bleiben.